Diakonisches Lernen im Musikunterricht

Das berufliche Schulzentrum Neuendettelsau setzt seit diesem Schuljahr 2024/25 das Konzept des Diakonischen Lernens um und integriert es in den Unterricht. Ein Beispiel dafür ist das Modell der 10. Klasse der Berufsfachschule für Kinderpflege im Fach Musik mit der Lehrkraft Christa Reller. Der Unterricht findet dabei teils im aktiven und interaktiven Praxisbezug an verschiedenen Lernorten diakonischer und sozialer Einrichtungen statt. In einem musikalischen Miteinander ergibt sich ein wertvoll-bereichernder Austausch für die Schüler*innen und Teilnehmer*innen des Angebotes.  

Auf ein Anschreiben der Lehrkraft für einen gemeinsamen Sing-Nachmittag hatten drei Einrichtungen für Senioren und Diakoneo Wohnen für Menschen mit Behinderung Interesse angemeldet.

Im Gegensatz zu früher ist das natürliche Zusammenleben mehrerer Generationen unter einem Dach heute die Ausnahme. In den Begegnungen von Senioren und Berufsschülern zeigte sich jedoch ein hohes Maß an gegenseitigem Interesse. Auch Birgit Bischoff, die Koordinatorin zweier Senioren-Einrichtungen, unterstreicht die Besonderheit der jugendlichen Schülerbesuche in ihrer natürlich-frischen Lebendigkeit. Auch sowohl die anschließenden Unterrichtsgespräche wie auch die Rückmeldungen der Bewohner bewerten die Aktion höchst positiv.

Die Programm-Mischung aus thematisch abgestimmten zeitgemäßen Liedern der Schüler und alt-überlieferten Liedern der Bewohner lässt eine Brücke entstehen. Es verweben sich als Beispiel „Autumn comes“ mit „Wahre Freundschaft soll nicht wanken“ und der afrikanische Lichtertanz „Hamba nikahle“ mit „Leise rieselt der Schnee“. Es bildet sich eine tragfähige musikalische Begegnungsebene, auf welcher sich die Beteiligten füreinander öffnen können. Die Schüler staunen über die auswendig vorgetragenen alten Liedweisen, welche die Senioren über Jahrzehnte in ihrem Herzen bewahrt haben und umgekehrt stimmen die Senioren voll Freude und beschwingt in die Refrains „moderner“ Lieder mit ein. Beide Gruppen bereicherten sich so gegenseitig mit Liedern und die Musik öffnete die Türen für Austausch und Gespräch.

Die Begegnung mit behinderten Kindern und Jugendlichen war für die meisten Schülerinnen und Schüler eine neue Erfahrung, doch auch hier öffnete das gemeinsame Singen – diesmal peppig-frischer Frühlingslieder die Schranken, ermöglichte Berührung und herzen-öffnenden Kontakt. Die Aufregung und Skepsis der Schüler vor dem ersten Besuch wandelte sich ebenfalls, wie in allen besuchten Einrichtungen während der ersten Minuten in eine tiefgehende authentische Lernsituation. Der Fokus liegt dabei nicht auf perfekt fehlerfrei vorgetragene Musikstücke – sondern auf der Freude, sich gegenseitig Musik zu schenken, miteinander zu singen und sich füreinander zu öffnen. Vor Ort erleben die Schüler durch die interessierte Aufmerksamkeit der Zuhörer ab der ersten Liedzeile Selbstwirksamkeit. Sie erfahren direkt die Wertigkeit ihres eigenen aktiven Handelns und lernen zudem zukünftige Arbeitsbereiche kennen.  Eine solche Musikstunde im Sinn von „diakonischem Lernen“ erübrigt trockenes Lernen über die wichtige Bedeutung von Singen in der Kindheit– denn dies ist als beeindruckende Erfahrung verankert. Für Christa Reller bestätigt diese Resonanz, dass gemeinsames Musizieren eine ideale Ebene für das Konzept des „Diakonischen Lernens“ mit dem Ziel „voneinander Lernen durch Begegnung“ ist.

Das Konzept „Diakonisches Lernen“ wurde in Zusammenarbeit von Diakoniewerk Bayern und namhafter Vertreter (der Universität Regensburg, der Gymnasialpädagogischen Materialstelle Erlangen, dem Religionspädagogischen Zentrum Heilsbronn, der Evangelischen Schulstiftung Bayern) von Lehr – und Fachkräften aus ganz Bayern unter dem Projekt-Leiter Pfarrer Dr. Martin Dorner mit einer Kontaktstelle im religionspädagogischen Zentrum Heilsbronn entwickelt.

 

Nachfolgend ein Interview mit der 10. Klasse Berufsfachschule für Kinderpflege Neuendettelsau - direkt im Anschluss eines Musiknachmittags mit Senioren 17.12.2024

Lehrkraft L: Liebe Schülerinnen und Schüler, wir waren ja heute für einen gemeinsamen musikalischen Nachmittag im Therese-Stählin-Haus zu Besuch bei Seniorinnen und Senioren – und ich möchte Sie gerne nach Ihren Eindrücken fragen:

Was haben Sie beobachtet, was sind Ihre Gefühle und Gedanken ... ?

Jan: Ähm – also, ich fands schön, wie offen die Leute dort waren und wie schön sie mitgesungen haben. 

Anna: Ich hab` gesehen, dass das gemeinsame Singen die Gefühle der Bewohner angesprochen hat  

Bella: Ich fands auch ganz schön, dass die älteren Leute sich wieder in ihre Vergangenheit erinnert haben und dass sie die Gemeinschaft in dem Moment genossen haben. Wo die Leute dann plötzlich wieder von sich so innen raus gesungen haben - das fand ich sehr schön!

Nina: Dass wir bei den älteren Leuten halt auch Erinnerungen geweckt haben!

Henric: Ich hab genau gesehen, wie wir gekommen sind und halt das erste Lied angefangen haben, dass sich die Leute richtig gefreut haben, dass sie eine Abwechslung haben und man hat gemerkt, dass sie Spass gehabt haben – und es hat auch uns Spass gemacht – und: ich fand die Geschichten der Senioren sehr interessant und unterhaltsam - was sie aus ihrem Leben erzählt haben.

Lara: Ich fands auch ganz schön, dass sie mitgemacht haben und mitgesungen haben – also – man hats gesehen: sie waren glücklich…

Stella: Ich fands ganz schön, dass sie so offen waren und mitgesungen haben – und auch offen alles erzählt haben, was sie erzählen wollten.

L: Würden Sie es wiedermachen?

Bella: Ich würd`s auf jeden Fall wieder machen, weil es für die älteren Leute eine Freude ist

L: Was genau von den Erzählungen hat sie besonders angesprochen?

Jan: ich fand das mit dem Krieg echt interessant, dass die Frau sich immer noch erinnert hat, - dass da die Fenster unbeleuchtet waren, weil es kein Licht und keinen Strom gab – und auch weil es eine Vorschrift war. Ich finde solche Geschichten vom 2. Weltkrieg oder überhaupt von Kriegen von früher sehr interessant.

Bella: Ich fand es auch ganz toll, dass sie – obwohl es eine ganz ganz schlimme Zeit war – trotzdem davon erzählen können. Was sie da erlebt haben – das ist praktisch ein Erinnerungsschatz für die zukünftige Gesellschaft.

L: Ja genau - und damit auch ein Friedensappell für uns alle –

Ganz herzlichen Dank Ihnen allen für Ihre sehr wertvollen Rückmeldungen!

Rückmeldung aus dem Christophorus-Heim, Bereich Wohnen:

Sehr geehrte Frau Reller,

ich möchte Ihnen heute eine Rückmeldung zur kürzlich durchgeführten Veranstaltung geben:

Insgesamt wurde das Angebot von den teilnehmenden Bewohnerinnen und Bewohnern sehr gut angenommen. Viele von ihnen berichteten im Anschluss begeistert und mit leuchtenden Augen von ihren Eindrücken und den Inhalten des Angebots. Auch aus der Dokumentation geht hervor, dass die Aktivität eine positive und bereichernde Erfahrung für die Teilnehmenden dargestellt hat.

Besonders erfreulich ist, dass auch unsere Mitarbeitenden die Veranstaltung als sehr gelungen und bereichernd empfunden haben. Sie beschrieben die Atmosphäre als angenehm und die Inhalte als ansprechend und gut auf unsere Bewohnergruppe abgestimmt. Das Angebot hat aus ihrer Sicht nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch Freude bereitet und neue Impulse gesetzt.

Das Angebot war eine wertvolle Bereicherung für unseren Alltag, hat neue Erfahrungen ermöglicht und viel Freude ausgelöst. Wir danken Ihnen und allen Beteiligten herzlich für Ihr Engagement und Ihre Mühe.

Mit freundlichen Grüßen

 i.V. Torsten Voigt , Leitung Wohnen

Text und Bild: Christa Reller

Mehr lesen
Zukunftstag am BSZ Neuendettelsau

Der Zukunftstag am BSZ Neuendettelsau bot allen Abschlussklassen in vier praxisnahen Workshops zu Wohnen, Finanzen, Steuern und Berufsstart wertvolle Einblicke ins Leben nach der Schule.

Mehr erfahren

Haben Sie Fragen? Wir helfen Ihnen gerne.

Wenn Sie sich näher über unser Angebot informieren möchten, rufen Sie uns gerne an unter:

+49 9874 8-6416

Oder schreiben Sie uns eine E-Mail.

Zum Kontakt